Pfadfinder als Botschafter der deutsch-israelischen Städtepartnerschaft

Erfolgreiches Begegnungsprojekt stärkt Beziehungen zwischen Gießen und Netanya

„Lasst die Welt besser zurück, als ihr sie vorfindet“, lautet ein Motto der Pfadfinder. „Darum wollten wir nicht nur als Touristen nach Israel fahren, sondern ein gemeinsames Projekt mit den dortigen Pfadfindern starten“, erzählt Julius von der Katholischen Pfadfinderschaft Europas aus Gießen. „Und das Treffen hat sich absolut gelohnt,“ schwärmt der 17jährige. Aber im Vorfeld gab es auch einige Klippen zu meistern.

In den Wochen vor der Abreise hatten die Jugendlichen viel Zeit in die Vorbereitung gesteckt. Mit Hilfe des Partnerschaftsvereins Gießen-Netanya konnten sie mit den Pfadfindern in Netanya Kontakt aufnehmen. In unzähligen Emails mit Ronit Spiegel, der Leiterin der israelischen Gruppe, erstellten sie ein kreatives Programm für gemeinsame Begegnungstage. Dabei mussten die Aktionen sowohl zum eigenen Fahrtenplan, als auch zum Terminplan der israelischen Pfadfinder passen. Eine Herausforderung! Als dann kurz vor dem Abflug in der Presse von Raketen auf den Golanhöhen zu lesen war, wackelte nochmals die ganze Aktion. „Aber unsere neuen israelischen Freunde beruhigten uns: wir könnten bedenkenlos kommen“, erinnert sich Julius. Zuerst stand eine mehrtägige Wanderung im Norden Israels auf dem Programm: Zu Fuß von Nazareth zum See Genezareth. Von dort ging es zurück in die Stadt Netanya zum Heim der Pfadfindergruppe „Bazak“. Netanya liegt ca. 30km nördlich von Tel Aviv direkt am Mittelmeer. Im Zentrum der Stadt, nur 500m vom Strand entfernt, hat die Gruppe ihr eigenes Zuhause, das von Immer Zeev, einem Altpfadfinder und der „guten Seele“ des Stamms, mit viel Einsatz betreut wird. 300 Kinder und Jugendliche gehören zur Gruppe. Bei einer Art Postenlauf in gemischten Teams aus israelischen und deutschen Pfadfindern erprobten sich die Jugendlichen in pfadfinder-typischen Fähigkeiten wie Knotenkunde, Erste Hilfe, Improvisation usw. Gemeinsame Herausforderungen schweißen zusammen. So auch hier: Bei der anschließenden Spielerunde kam zwar eine ganze Kiste tiefgefrorene Wasserkugeln zum Einsatz, aber das Eis war längst gebrochen. Israelische Programmpunkte wechselten mit deutschen, und so gewannen beide Seiten schnell einen konkreten Einblick in das Leben ihrer Partnergruppe. Natürlich war auch der Alltag in Israel immer wieder Thema. Erst für Staunen, dann für Diskussionsstoff sorgte der unvorstellbar lange Pflicht-Militärdienst: drei Jahre für Männer, zwei Jahre für Frauen.

Ein besonderes Highlight der Begegnung war das große israelische Festdinner. Kultur geht durch den Magen. Die Pfadfinder aus Netanya hatten ganz bewusst für ihre Gäste nicht gekocht, sondern nur die Zutaten für ein landestypisches Menu besorgt. Denn Kochen verbindet. An langen Tischen wurde gemeinsam geschnitten, geknetet, gemixt, gebraten, frittiert, gekocht. Das Ergebnis auf der festlichen Tafel konnte sich wahrlich sehen lassen. Ein weiterer bewegender Augenblick war der Austausch der Gastgeschenke. An einem Lagerfeuer (mitten in Netanya!) verlas und übersetzte Tobias das offizielle Grußschreiben der Stadt Gießen an die israelischen Pfadfinder. Darüber hinaus hatte zuhause jeder ein persönliches Geschenk vorbereitet, das in irgendeiner Weise typisch für die Heimatstadt oder die Pfadfinderbewegung stand, und er jetzt präsentierte. Im Gegenzug wurden die Pfadfinder aus Gießen von ihren neuen Freunden mit den Baseballkappen der Pfadfindergruppe von Netanya ausgestattet.

„Für uns war das Projekt ein dreifacher Erfolg“, resümiert Julius. „Die ganz konkreten Begegnungen mit den Pfadfindern aus Netanya haben uns Land und Leute im heutigen Israel auf eine Art erleben und schätzen lernen lassen, die durch bloßes Bereisen nie möglich gewesen wäre. Zweitens, wir nehmen israelische Freundschaften mit nach Hause. Gerade als Deutsche wussten wir nicht, wie wir in Israel aufgenommen werden. Aber die Offenheit war schlicht überwältigend. Drittens, wir haben selber ein cooles Projekt organisiert. Und das erfüllt uns mit Stolz.“